Eine sehr erwünschte Transformation

1 Jul 2013

Geneva, Switzerland

Eure Exzellenz, meine Lieben und sehr geehrtes Publikum!

Wie Dr. Denis Broun gerade erwähnt hat, bringt eine Krise das Beste und das Schlimmste im Menschen hervor.
Es ist gerade eine Woche her, dass es in Indien eine Krise gegeben hat. Während dieser Krise gab es Leute, die sich dafür einsetzten, ihre Mitmenschen zu retten, während andere bereit waren, sie selbst für ein Glas Wasser auszubeuten.
Es sind diese Momente der Krise, die es uns ermöglichen, den Echtheitsgrad unserer Ethik zu überprüfen. Ethik kann niemals unecht sein, sie muss auf authentische Weise herüberkommen. Nun, wie lässt sich authentische Ethik in den Menschen fördern, und wie kann man ihnen zu der Empfindung verhelfen, dass jeder Mensch sich wirklich authentisch verhalten sollte?

Ich möchte Ihnen einen Vorfall schildern. In einer Bank gab es einen korrupten Mitarbeiter, einen Unruhestifter, der auf niemanden hörte. Ich bat darum, ihn zu treffen, um mich mit ihm zu unterhalten.
Ich fragte diesen Herrn: „Würdest du es vorziehen, dass dein Fahrer ehrlich ist, oder dass er dich betrügt?”
Er antwortete mir: „Selbstverständlich würde ich es nicht mögen, wenn mein Fahrer mich betrügen würde. Das ist doch klar!”
Ich fragte ihn weiter: „Würdest du es schätzen, wenn ein Kollege dich betrügen würde?”
Er meinte: „Nein, ich würde es nicht wollen, dass Freunde oder Kollegen mich betrügen!”
Ich sagte: „Schau, du möchtest nicht, dass dein Chef unehrlich mit dir ist. Du willst nicht, dass deine Untergebenen unehrlich mit dir sind. Du möchtest nicht, dass dein Kollege unehrlich mit dir ist. Du erwartest von jedermann Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Und wie steht es mit dir?”
Das brachte ihn dazu, sich plötzlich zurückzulehnen und nachzudenken. „Ja, ich möchte noch nicht einmal, dass meine Hausangestellte mich betrügt, geschweige denn mein Fahrer oder mein Kollege, auf den ich mich verlassen können muss. Warum also sollte ich selbst jemanden betrügen?” Darüber hatte er vorher noch niemals nachgedacht. Er begann zu überlegen, die Sache zu überdenken.
„Wenn mein Verhalten so viele Menschen in meiner Umgebung beeinträchtigt, und ich vom Verhalten anderer beeinträchtigt werde, warum sollte ich den anderen dann etwas antun, was ich selbst nicht möchte?”
Das ist die Grundlage der Ethik.
Das Leben erreicht eine ganz andere Dimension, wenn dieses Bewusstsein von innen kommt. Es findet eine sichtbare Veränderung statt.

Als es vor Kurzem einen Tsunami im Himalaya gab, schickte ich keinen der Helfer dorthin, um etwas zu tun. Tausende von freiwilligen Helfern hatten aber bereits mit verschiedenen Aktivitäten begonnen, ohne von mir dazu angehalten worden zu sein.
Wahre Ethik ist für mich eine Ethik, die auf einem wahren, aus dem Herzen kommenden Gefühl beruht.
Wenn wir das im Erziehungssystem integrieren und unsere Aufmerksamkeit und unser Bewusstsein auf unsere Haltung und unser Verhalten richten, werden wir eine große Veränderung in unserer Gesellschaft erleben.

Wenn Sie jemals in einem Gefängnis gewesen sind – ich meine, nur um es sich einmal anzusehen – und ein oder zwei Worte mit Insassen gewechselt haben, dann haben Sie erkennen können, dass es gute Menschen sind. Im Inneren dieser Menschen – die als Verbrecher verurteilt worden sind – verbirgt sich eine gute, sogar ethische und mitfühlende Person. Diese Persönlichkeit muss an die Oberfläche gebracht werden, sie muss erblühen und sich entwickeln.

Bei meinen Besuchen in Gefängnissen habe ich mit Tausenden von Gefängnisinsassen gesprochen. Sie erzählten, sie hätten das Verbrechen in einem Augenblick großen emotionalen Aufruhrs begangen, als sie die Kontrolle verloren hätten. Danach hätten sie es bereut.

Wie können wir diesen Menschen helfen, die korrupt und in kriminelle Aktivitäten verwickelt sind?
Ich denke, das ist möglich. Es würde eine große Veränderung bewirken, wenn wir ihnen beibringen würden, wie sie mit ihrem Geist und ihren Emotionen umgehen können.
Sie sagen: „Niemand hat uns eine umfassendere Sichtweise über das Leben vermittelt, weder in der Schule, noch zu Hause. Niemand hat uns jemals gesagt, wir sollten unseren Emotionen oder unserem Geist Beachtung schenken.”
Ein Gefühl der inneren Reinigung kann Ethik hervorbringen.

Stress und gewalttätige Tendenzen müssen beachtet werden. Ich bin mir sicher, dass dadurch das beste ethische Verhalten aus dem Inneren der Menschen hervorgeholt werden kann. Sie müssen außerdem Werkzeuge erhalten, die ihnen dabei helfen, diese gewalttätigen Neigungen zu überwinden, die sie sich durch Unwissenheit oder durch schwierige familiäre Situationen angeeignet haben.

Wenn schon Menschen in Gefängnissen transformiert werden können, so bin ich mir sicher, dass ein gewöhnlicher Mensch erst recht in der Lage ist, Ethik zu begreifen und in seinem täglichen Leben anzuwenden. Das ist nicht so schwierig. Ich kann keinen Grund finden, der uns daran hindern könnte, an eine ethischere und mitfühlendere Gesellschaft für die kommende Generation zu glauben. Natürlich sieht die aktuelle Situation ziemlich trostlos aus. Verbrechen und Gewalt sind überall vorhanden.

Im letzten Jahr wurden allein in Amerika zehn Millionen kriminelle und gewalttätige Handlungen dokumentiert. In der ganzen Welt leben sieben Milliarden Menschen. Ich bin mir sicher, dass einige Milliarden gewalttätiger Handlungen in der Gesellschaft stattfinden. Ich empfinde, dass es höchste Zeit ist, unsere Aufmerksamkeit darauf zu richten, die Ethik zurückzubringen, nicht nur in den Unternehmen, sondern auch in der sozialen und bürgerlichen Gesellschaft.

Es gibt vier Grundpfeiler in unserer Gesellschaft, denen wir Beachtung schenken müssen: Politik, Unternehmen, religiöse Organisationen und Zivilgesellschaft. Wir können nicht mit der sehnlichst erwarteten Transformation rechnen, solange die Ethik nicht all diese vier verschiedenen Bereiche unserer menschlichen Gesellschaft durchdrungen hat.

Ich möchte folgenden Punkt nochmals betonen: Ethik muss eingeprägt, kultiviert und gepflegt werden. Der Samen dafür ist in jedem Menschen schon angelegt und muss nur etwas stärker genährt werden. Er muss nur etwas mehr gepflegt werden – in der Politik, in den Unternehmen, in den religiösen Organisationen und auch in der Zivilgesellschaft.
Wenn diese vier Institutionen alle zusammenarbeiten, kann im kommenden Jahrhundert mit Sicherheit ein Unterschied erreicht werden.

Mit diesen wenigen Worten möchte ich den Veranstaltern gratulieren und auch allen anderen, die hergekommen sind, um dieses äußerst wichtige Thema – Ethik in den heutigen Unternehmen – zu reflektieren.

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