Das Geheimnis des Atems - Der Experten Tipp

Prof. Fahri Saatcioglu ist Professor für Molekular- und Zellbiologie am Institut für Molekulare Biowissenschaften an der Universität Oslo, Norwegen. Seine Forschung konzentriert sich auf die grundlegenden molekularen und zellbiologischen Mechanismen, wie Hormone funktionieren in der normalen Physiologie sowie bei Erkrankungen, insbesondere Krebs. Er praktiziert seit 35 Jahren Yoga, yogische Atemübungen und Meditation und ist ein passionierter Teilzeit-Yoga-Lehrer. Er forscht zu den biologischen Wirkungen und physiologischen Mechanismen der yogischen Atemübungen.


Prof. Saatcioglu, was bedeutet eigentlich Stress für den menschlichen Körper?
Aus medizinischer Sicht werden bei Stress sogenannte Stresshormone freigesetzt wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Insbesondere das Stresshormon Cortisol ist dann in einer erhöhten Konzentration im Blut vorhanden.
Auf kurze Sicht kann etwas Stress sogar positive Auswirkungen haben: Wir funktionieren durch die zusätzliche Stresshormone schneller, effizienter und funktionieren auf Hochtouren.
Wenn Stress allerdings langfristig und chronisch wird, dann wird eine erhöhte Menge an Stresshormonen,  z.B. an Cortisol freigesetzt. Der Körper wird müde, das gesamte System fängt an, zusammenzubrechen.
Wenn wir dann nicht aufpassen und der Stress nicht aufhört, steuern wir geradewegs auf einen Burn Out zu.

Herr Prof Saatcioglu, Sie haben am Institut für Molekularbiologie an der Universität Oslo den Einfluss von Yoga, yogischen Atemübungen und Meditation, wie sie die Art of Living Foundation vermittelt, untersucht. Es gibt ja viele Diskussionen, ob Atemtechniken wirklich etwas bringen.  Was ist ihre Meinung dazu? Und wie wirken sich die yogischen Atemtechniken auf den Körper aus?
Die Übungen der Art of Living Foundation, die ja insbesondere die Praxis der Sudarshan Kriya und begleitenden Praktiken (Yoga + Pranayamas) umfasst (SK +P), haben gezeigt, dass sie alle verschiedenen Ebenen unsere Psyche und unseren Körper ansprechen
Dadurch bedingt, dass durch die kurzeitige Veränderung im Atemrhythmus der ganze Körper mehr Atemdurchfluss erhält. In der molekularen Ebene spricht das die DNA in jeder Zelle an, die ausschlaggebend für unsere Konstitution ist.

Die Atemtechniken haben einen signifikanten Einfluss in kürzester Zeit auf die Genexpression. Die positiven Einflüsse, die wir in dem Organsystem beobachten, müssen auf die Veränderungen in der molekularen Ebene auf Grund der Atemtechniken zurückzuführen sein, z.B. die Veränderung (Reduzierung) der Stresshormone und der antioxidativen Enzyme.
Die Atemtechniken sprechen somit also die tiefgreifendsten Ebenen unseres Systems an.
Das besondere an den yogischen Atemtechniken ist, dass durch den Atem unsere verschiedenen Emotionen reguliert werden können.

Das klingt vielleicht jetzt etwas banal. Es ist aber in der Tat so, dass unsere Gedanken und Emotionen die Funktionsweisen des Gehirns, des Hormonsystems und des Immunsystems beeinflussen. Das geschieht durch chemische Botenstoffe, die Neuropeptide, die bei jeder Gefühlsregung produziert werden. Diese werden rasch aufgenommen von den Zellen des Immunsystems, des Hormonsystems und des autonomen Nervensystems und haben somit einen direkten Einfluss auf deren Aktivität.

So werden bei Gefühlen wie Liebe, Freude und Begeisterung chemische Botenstoffe produziert, die das Gehirn, das Hormon- und das Immunsystem positiv beeinflussen. So können Krankheiten besser abgewehrt werden und der Gesundheitszustand wird allgemein verbessert. Bei Wut, Angst und Trauer werden Neuropeptide und Hormone produziert, die den Organismus in einen Stresszustand versetzen. Dauerstress führt zu Beeinträchtigungen des Körpers und der Psyche und ist eine mögliche Ursache für Krankheiten wie z.B. Asthma, Depressionen, Magengeschwüre und Herz- und Kreislauferkrankungen.
Die Essenz der yogischen Atemtechniken um die Sudarshan Kriya und begleitenden Pranayamas ist, dass sie einen erheblichen Grad der Stressregulierung und Entspannung bieten.

In einer Studie wurde das Cortisol, auch als Stresshormon bekannt, bei 21 Individuen zwischen 35 und 50 Jahren gemessen – beim Hören klassischer Musik und außerdem vor, während und nach dem Praktizieren von yogischen Atemtechniken (SK + P).

Beim Hören klassischer Musik fand man ein leichtes Absinken des Cortisolspiegels, während und nach der Ausübung der Sudarshan Kriya und begleitenden Atemtechniken jedoch einen signifikant niedrigeren Cortisolspiegel, was darauf hindeutet, das SK&P zu einer tiefen Entspannung führt. Regelmäßig Übende hatten schon zu Beginn von SK&P einen wesentlich niedrigeren Cortisolspiegel als die Anfänger, was zeigt, dass  sie im täglichen Leben bereits weniger Stress aufnehmen. Der weitere Abfall des Cortisolspiegels während und nach SK&P Übungen sowohl bei Anfängern als auch Fortgeschrittenen belegt, dass das regelmäßige Praktizieren von SK&P zunehmend Entspannung bringt und weniger empfindlich macht gegenüber Stress. 

Was empfehlen Sie für die tägliche Entspannung?
Als erstes empfehle ich, dass man jetzt etwas gegen den Stress tut und nicht erst dann, wenn wir schon mitten drin stecken. Man kann es anschaulich mit dem täglichen Zähneputzen vergleichen. Wir fangen ja auch nicht erst an, unsere Zähne zu putzen, wenn der Karies bereits da ist und die Zähne kaputt gemacht hat. Genauso verhält es sich mit dem Stress.

Die meisten Menschen fangen erst an, etwas gegen den Stress zu tun, wenn ihr Körper von den Ausmaßen des Stresses schon sehr eingenommen ist, das Lächeln schwieriger fällt und vielleicht schon erste stressbedingte Erkrankungen auftreten.
Wenn wir unserem Körper und Geist jeden Tag ein wenig Entspannung bieten, können wir diese Risiken deutlich reduzieren und so auch verhindern, dass Stress chronisch wird.

Wenn wir diese effektiven Prozesse, die seit tausenden von Jahren erprobt sind, täglich anwenden, verringern wir die Stress-bedingten physiologischen Prozesse, die unseren Körper-Geist Komplex negativ beinträchtigen werden.
Gleichzeitig erhört sich unsere Konzentrations- und Leistungsfähigkeit, denn wenn unser Stresslevel niedrig ist, ist unser Energielevel hoch und wir haben mehr Vitalität und Lebenskraft in uns.

Die subjektiven Berichte von verbesserter Gesundheit, Vitalität, Wohlbefinden und geistiger Ausgeglichenheit von Tausenden SK&P Praktizierenden sind in Einklang mit den modernen Forschungsergebnissen, welche eine Stärkung des Geist-Körper-Systems bestätigen. EEG, Cortisolspiegel und Laktatwerte zeigen einen Zustand von Entspannung bei gleichzeitiger Wachheit an. Die signifikante Zunahme der natürlichen Killerzellen und Antioxidantien legt nahe, dass regelmäßige Übung vielen ernsten Erkrankungen vorbeugen kann. Die Abnahme von Cholesterin kann Herzerkrankungen vorbeugen; bei vielen Patienten werden Depressionen schnell gelindert. Obwohl weitere Forschungen nötig sind, belegen diese Ergebnisse bereits die starke Wirkung dieser altehrwürdigen Praktiken in der Wiederherstellung und Erhaltung der Gesundheit.

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Mehr über die wissenschaftlichen Forschungen zu Sudarshan Kriya und Atemtechniken auf http://aolresearch.org

Die Sudarshan Kriya können Sie bei Art of Living im Meditation and Breath Workshop oder im Stille-Retreat erlernen. Hier geht es zu den Kursdaten.